via |
Freitag, 14. Dezember 2012
Part 5: Pub Crawl
Hastig stopfe ich meinen Führerschein wieder
in meine kleine Tasche und schaue mich neugierig um. Aha, so sieht also ein Pub
aus. Ein wenig rustikal mit Holzdielen und gemauerter Wand; in der Ecke stehen
leere Weinflaschen in denen halb runtergebrannte Kerzen brennen und Wachs
verteilen, das Licht ist gedämmt aber nicht nervig dunkel, am Tresen hocken
irgendwelche Gestalten. Mir gefällt’s. Das war’s aber auch schon. Oder
vielleicht auch nicht; mit der kleinen immer wachsenden Gruppe mit der ich
unterwegs bin werde ich weiter in den Pub gedrängt. Ein weiterer Raum tut sich
auf und dahinter ist noch einer mit einer weiteren Theke. An den Wänden hängen
Flachbildfernseher auf denen ein Rugby-Match übertragen wird, auf den Tischen
stehen hauptsächlich nur Bierflaschen oder Bierkrüge. „Wow, I didn’t expect it
to be this big.“, ruft ein anderes deutsches Au Pair in die Runde um die Musik
zu übertönen. Ist schon irgendwie seltsam sich auf Englisch zu unterhalten
obwohl man ganz easy peasy ins Deutsche wechseln könnte. Aber dann könnten die
anderen uns nicht verstehen, deswegen ist heute Akzente-Englisch. Italienisch,
Spanisch, Französisch, Schwedisch, Finnisch, Holländisch, Deutsch, Amerikanisch
und natürlich Irisch; alles ist vertreten und wir quatschen wild durcheinander.
Die meisten von uns sind Au Pairs, die Jungs sind meistens Touris oder
Studenten mit den wildesten und seltsamsten Fächern. Auf einmal wirft sich
unser „Guide“ oder wie man ihn auch nennen möchte in unser Grüppchen und hält
uns ein Topf roter Farbe hin. „Facepaint, so we can all recognise each other. Come on! Shots
this way!“ Ein wenig skeptisch tunke ich zwei Finger in den Topf und male zwei
Striche in mein Gesicht. Kriegsbemalung abgeschlossen. Sehr geil. “Let’s get
this party staaaaaarted!”, schreit der Amerikaner in die Runde und rennt
Richtung Belohnung – Shot number 1 und auf geht’s in den nächsten Pub. Oh
ja…PUB CRAWL.
Samstag, 24. November 2012
Part 3: Motivational Speaker
via |
Dienstag, 13. November 2012
Part 2: First Week
Die Sonne hat sich doch tatsächlich
rausgewagt und strahlt nun mit solcher Intensität, dass man denken würde sie
würde nie wieder scheinen. Und zusätzlich ist es sogar recht mild. Mild im
irischen Sinne, natürlich. Mild laut der deutschen Definition zu verwenden ist
ein wenig zu euphemistisch. Mein Frühstück – eine große Tasse grüner Tee –
steht unangerührt auf dem Nachttisch, wahrscheinlich direkt neben meinem
zweiten Handy, dass ich vergessen habe mitzunehmen. See, ist ganz witzig denn
seit ner Woche trage ich zwei Handys mit mir rum; ein Irisches und mein
Deutsches und vergesslich wie ich bin trage ich meistens zur Verzweiflung
meiner Hostmum nur das Deutsche
spazieren. Ein kurzer Blick auf meine Uhr verrät mir, dass ich spät dran bin. Und
ich will keine Viertelstunde auf den anderen Bus warten; mir ist kalt und ich
hab keine Jacke dabei. Also fange ich an zu rennen. Lauf, lauf, lauf. Das Ding
ist allerdings dass ich a) Boots trage, b) völlig aus der Form bin und am
wichtigsten c) es BERGAUF geht. Nach zwei Straßen werde ich langsamer und
bleibe schließlich mit den Händen auf meine Knie gestützt stehen und schnappe
wie ein Ertrinkender nach Luft. Brilliant. Wieder blicke ich auf meine Uhr nur
um danach weiter zu rennen/keuchen/verrecken. Vielleicht sollte ich mal joggen gehen. Scratch that.
It’s way too cold and there are way too many hills in the city. In
Norddeutschland stolpert man eben nicht so schnell und einfach über Berge. Pardon,
ich meinte Hügel. Berge wären ja übertrieben sagen die Einheimischen – für mich
bleiben sie Berge. Als endlich die Bushaltestelle am Horizont auftaucht fange
ich wieder an normal zu gehen – inklusive außer Atem nach Luft schnappen. Und
genau in diesem Moment fällt mir ein was mein Hostdad gesagt hat: „Don’t expect
german punctuality. It might
be 5 minutes later than the schedule.“ Also wozu die Eile? Wieder
normal atmend schlendere ich lässig zu einem Baum daneben, lehne mich dagegen
und rücke nocheinmal meine obercoole Mütze zurecht, unter der keine Haarsträhne
hervorgucken darf. Ich sehe damit wirklich ultracool aus. Ultra-debil um genau
zu sein; aber sie erfüllt ihren Zweck: meine nach Rauch stinkenden
Haare verstecken, damit ich nicht den Gestank riechen muss. Es gibt fast nichts, was ich mehr hasse - und damit meine ich hasse - als rauchen. Ich hätte sie ja
waschen können, aber dann hätte ich das ganze Haus aufgeweckt…also bin ich
heute Madam Supercool. Der Bus fährt vor und ich klettere hinein; erklimme die
Stufen nach oben und mache es mir auf der Reihe ganz vorne an der riesigen
Fensterscheibe bequem. Vorteil daran ist, dass ich nun meine Ray-Ban tragen
kann und nicht mehr allzu dorky aussehe und dass ich das erste Mal in meinem
Leben Doppeldecker fahre. Und das sogar oben, ganz vorne, der Sonne entgegen.
Have a lovely week
mein dämliches Bild ;)
Montag, 5. November 2012
Part 1: The Arrival
# I Just Can't Stop Grinning Like A Fool
"Please fasten your seatbelts as we are about to land" Schon im gleichen Moment werde ich in den Sitz gepresst als das Flugzeug seine Nase langsam senkt. Das Wetter ist wunderschön. Die Sonne scheint und wir fliegen gerade noch über den majestätischen Wolkenschlössern. Am liebsten würde ich von Wolke zu Wolke springen; sie würden meine Schritte federn als würde ich nichts wiegen und sie würden mich weich und sanft umhüllen, wenn ich falle. Die Sonne lässt die Wolken glitzern als wir durch sie hindurchtauchen. Die Tragfläche zerschneidet einen Turm aus Wolken als wären sie Butter. Unter den Wolken ist es nicht weniger schön. Eine riesige Stadt erhebt sich gen Himmel und unserer Maschine. London ist riesig. Gigantisch. Ich kann die Themse, das Riesenrad und noch andere schöne Bauwerke im Hintergrund sehen. Als wir weiter sinken entdecke ich sogar einen roten Doppeldecker. Schon seit den Wolken schaffe ich es einfach nicht meine einbetonierten Mundwinkel zu senken. Ich sehe definitiv wie ein Idiot aus.Es wackelt ganz kurz, aber dann setzten wir auf und rasen die Landebahn entlang. Keiner klatscht. Ich mache eine mentale Notiz dies meinem Dad zu erzählen - unser Insider-Joke. Der Flughafen ist gigantisch riesig. Wo ist das Ende? Wir rollen an mindestens 50 Flugzeugen aus aller Welt vorbei bis wir unsere Parkposition erreichen.
Heathrow ist fabelhaft.
# "Excuse me, Sir. I'm completely lost"
Heathrow ist eine komplette Katastrophe. Wo zur Hölle muss ich hin? Theoretisch müsste ich auschecken, mir den Boarding Pass besorgen und dann wieder einchecken? Mein Rucksack hängt schwer über einer Schulter. "Vertrau niemanden! Lass dich nicht ablenken. Heute sind nicht alle Menschen "gut"" hallen ihre Mahnungen in meinem Kopf wieder. Ehrlich gesagt hab ich mit einem Häftlingsflughafen nach ihren Beschreibungen gerechnet.Schon zum zweiten Mal steh ich auf diesen Laufbändern. Coole Teile. "Excuse me, but where do I need to go?" Die Frau hört sich geduldig meine Story an bevor sie mich weiter schickt. Ich muss mich auf zwei gelbe Füße stellen und mein Gesicht wird gescannt. Auch eine ganz coole Sache, weil man sich wie ein Straftäter vorkommt. Ich gehe vorbei an einem Schalter der einen über das Flüssigkeitsverbot aufklären soll; ich bin ein wenig verwundert warum man keine Duty Free Getränke aus Hannover nach London einführen darf. Um die Ecke ist eine Sicherheitskontrolle. Wtf? Wozu? Wo sollte ich zwischen Gangway und Laufband etwas Gefährliches gefunden haben, dass London's Sicherheit bedrohen würde?? Hier bin ich falsch; also zurück zum Flüssigkeitenmann. "Excuse me, Sir. I'm completely lost" Ich muss durch die Sicherheitskontrolle. "Laptops, iPads, Kindles go in seperately." wiederholt die monoton unfreundliche Stimme der einen Kontrolleurin alle 3 Sekunden. Ich pflücke meine Dinger aus dem Rucksack und lege sie zu meiner Jacke und meinem Gürtel. Ein Turbanmann winkt mich durch das Piep-Ding, welches - natürlich - piept. Sofort bin ich von drei Typen umkreist. "Do you have anything in your pockets?" Fuck! Mein Handy. Ich ziehe es raus und schaue sie entschuldigend an. "I am so so sorry...." "Well, sorry is not enough, Mam" Mam?? Oh Crap. Turban-Typ bricht in Gelächter aus: "He's joking! Poor joke, man.", sagt er und schlägt seinem Kollegen auf die Schulter. What the...? "Yeah, funny boys.", kommt die monoton Unfreundliche dazu "Get in the box and take your shoes off." Ganz obercooles Ding -,-
Ich sammle meine Sachen wieder zusammen, schnappe mir meine Jacke und den Rucksack. Wo zur Hölle sind meine Schuhe?? "Mam? Your shoes are on the other side." Toll. Bloß weg hier. Gerade als ich mich zum Gehen wende ertönt wieder dieses "Mam??!" Ich drehe mich um und sehe Monoton-Unfreundlich mein Handy hochhalten. "Your phone, Mam."
Ich hasse Heathrow.
Dienstag, 30. Oktober 2012
Da esse ich lieber Kugelfisch
Eine herbstliche Brise streift
durch unsere Haare; es ist nicht kalt, für den Herbst ist das der Sommer. „Ich
bin ja so gespannt ob du’s magst.“, kichert Sophie, macht Platz für unsere
Teller/Bretter/Baumhäuser und bedankt sich bei der Kellnerin. Bin ich
eigentlich die einzige, der auffällt, dass Sophie und ich hier nicht
reinpassen? Links von uns sitzt eine Dame im Kostüm – es würde mich kein
bisschen wundern, wenn aus ihrer Tasche gleich ein Chihuahua gucken würde,
rechts sitzt eine Gruppe Geschäftsleute in teuer aussehenden Anzügen. „Ich kann
nicht glauben, dass ich das tue.“ Ich
schüttel meinen Kopf und nehme die Stäbchen in die Hand um gleich darauf mit
einem Lachanfall von Sophie über meine Unwissenheit in Sachen asiatischen Essen
informiert zu werden. Gibt es auch Messer und Gabel für die normalen Menschen? „Hier,
so musst du das halten“, sagt sie und korrigiert meine Stäbchenhaltung „Jetzt
dreh es um und halte es zwischen den Stäbchen fest…und dann tunkst du es in die
Sojasoße und…“ …isst. So weit so gut. Die wichtigste Frage wäre: Will ich das
überhaupt essen? Ganz ehrlich, aber die grassgrünen Kügelchen auf dem Reis sehen
nicht besonders gesund aus. Ganz zu schweigen von den Algen. Dad hat gestern
noch welche aus unserem Teich gefischt …pflatsch und jetzt liegen sie auf meinem Teller. „Los mach.“
„Ja ist ja gut.“ Vorsichtig quetsche ich das Sushi zwischen meine Stäbchen, tunke es mit der Spitze für eine Nanosekunde in die Sojasoße und
bugsiere die riesige Kugel in meinen Mund. Sophie verfolgt jeden meiner
Schritte als wäre ich eine Laborratte, der man gerade ein krebsheilendes
Wundermittel injiziert hat. Ernsthaft…ich
weiß nicht wonach es schmecken soll und ich bin mir sicher, dass ich kein weiteres
Stück brauche. „Mhm lach nur!“, murmel ich mit vollem Mund und schaue Sophie
vorwurfsvoll an die sich absolut nicht mehr halten kann vor Lachen. „Dein
Gesicht….oh Ivy. Das ist einzigartig! Hahaha.“ Jeez, get a grip. Ich schlucke
den letzten Bissen hinunter und schüttele mich anschließend. Bääh. „Shhh….Chanel
guckt schon!“ „Ich wusste gar nicht das Sushiessen so erotisch sein kann.“,
sagt sie laut und schaut Chanel herausfordernd an. „Sophie!“, zische ich und
laufe dabei ganz rot an. Andererseits ist es ja schon ganz lustig – Sushi. Ich
schiebe mein Baumhaus zu ihr rüber. „Ivy…wie soll ich das alles essen??? Hier
iss wenigsten noch eins. Vielleicht mit mehr Soße? Ist auch eigentlich ziemlich
kalorienarm.“ Wage ich ja zu bezweifeln, denke ich und nehme mein
Operationsbesteck wieder auf. Methodisch und kaltblütig nehme ich ein
Sushistück auseinander. „Ich will wissen was genau so ekelig geschmeckt hat.
Entweder diese grünen Kügelchen, diese Wasabipaste, dieses weiße
Undefinierbare, die Alge oder der Fisch. Mein Tipp ist die Alge und das
Undefinierbare. Willst du auch einen
Tipp abgeben?“ „Ja, schneid mir mal ein Stück Alge ab.“, sagt sie zwischen zwei
Bissen von ihrem Sushi. Ich starre sie an „Dann erklär mir erst mal wie ich mit
Stöckern schneiden soll.“, gibt’s hier echt keine Messer und Gabeln? „Halt dein
Stock darauf und ich ziehe dann mit meinen Stöckern.“ „Das sind Essstäbchen.“,
korrigiert sie mich und muss schon wieder ein Lachen unterdrücken. „Eins…zwei…drei!“,
wir beide probieren ein Stück von der zerrissenen Alge. Wie auf Kommando verziehen wir beide die
Gesichter. Sushi steht definitiv nicht mehr auf meinem Ernährungsplan. Bestimmt
nicht.
Donnerstag, 25. Oktober 2012
tick tock goes the chiming clock
Wenig hat sich
verändert. Sogar ein paar unserer Bilder hängen noch in der Eingangshalle. Vor
genau zwölf Jahren bin ich das erste Mal durch diese Türen gegangen. Damals
trug ein blaues Kleid mit Sternchensandalen, einen riesengroßen pinken
Tornister mit Ponys drauf und ein Schild mit einem Bärenbild um den Hals; heute
hingegen trage ich Jeans, ein weißes T-Shirt, Keilabsätze, meine
Lieblingshandtasche und den Anhänger von meiner Uroma. Ich bin auch nicht mehr
6 sondern 18 Jahre alt; ich fange auch nicht mit der Schule an, ich habe sie
beendet. So viele schöne alte Erinnerungen steigen in mir hoch, als ich durch
die Flure schlendere und die selbstgemachten Bilder an den Wänden betrachte. Es
war eine wunderschöne Zeit hier. Vor der einen Tür bleibe ich stehen; es ist
mein alter Klassenraum und noch heute klebt das Bärenbild am Türschild. Die
Pause hat angefangen und die ersten Kinder rennen auf den Hof. Ein paar bleiben
vor mir stehen und beäugen mich argwöhnisch. Ich gehöre nicht hierher, wie sie
bemerken. Auch die Frau, die nun gucken kommt warum ihre Kleinen nicht schon
draußen spielen, hat sich ebenfalls kaum verändert. Sie ist etwas gealtert,
aber sonst ist sie wie die Frau, die mir das Lesen und Schreiben beigebracht
hat. Ihre Augen werden ganz groß als sie mich inmitten der Kinder sieht. Sie
schlägt ihre Hand vor den Mund: „Nein. Dich kenne ich doch. Du bist Ivy. Oh
mein Gott bist du groß geworden.“ Sie lacht. „Hi, ich wollte Sie mal besuchen
kommen. Ich hab jetzt dieses Jahr mein Abitur gemacht und musste die ganze Zeit
an die Grundschulzeit denken“ Oh ja, ich habe mich verändert. „Komm rein; du
musst mir unbedingt erzählen wie’s dir ergangen ist!“ Viel hat sich verändert.
Wie die Zeit
vergangen ist.
Samstag, 20. Oktober 2012
Lasst die Spiele beginnen.
Es ist so still, dass
ich eine Nadel fallen hören würde. Es ist so ruhig in meinem Zimmer, dass es
mir schon fast gespenstisch vorkommt. Alles ist aufgeräumt, selbst die Stifte
in meinem Schreibtisch liegen picobello nebeneinander. Ganz nervös schiele ich
immer wieder in Richtung Laptop, den ich fein säuberlich auf meinem
Schreibtisch mit den Unterlagen platziert habe; jedes kleinste Geräusch wird
gierig von meinen Ohren aufgenommen und analysiert. Mein Hals ist so wahnsinnig
ausgetrocknet, dass noch nicht mal 1,5 Liter H20 helfen; vielleicht
hilft eine heiße Tasse von meinem Lieblingstee. Das aufkochende Wasser hört
sich an wie ein startender Düsenjet in dieser Stille, bemerke ich während ich
die wechselnden Farben an meinem Wasserkocher wie hypnotisiert beobachte. Grün,
Blau, Lila, Orange …Rot. Endlich. Nach einer gefühlten Ewigkeit reiße ich den
Apparat hoch, schütte das blubbernde Wasser in die gelbe Jumbotasse und stelle
sie neben dem PC ab. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir dass es Zeit ist. Mein
Magen zieht sich zu einem Knoten zusammen und kribbelt wie verrückt als hätte
man Säure reingegossen. Nervosität, Angst, Freude, Aufregung pulsiert durch
meinen Kreislauf. Noch immer starre ich auf die Uhr und verfolge gebannt den
Sekundenzeiger. Gott, reiß dich zusammen, sag ich mir selbst und schiebe mein
Haar aus dem Gesicht um tief durchzuatmen. Einmal die Lippen mit dem Labello
nachziehen. Der Skypeanrufton ertönt laut aus den verkorksten Lautsprechern,
die ich mein Eigen nennen darf. Ich
zucke zusammen, breche dabei den Labello zur Hälfte ab. Ahh…es ist soweit,
denke ich während ich zum Laptop renne, mich in den Sessel schmeiße und mit ihm
gegen die Wand fahre. Zitternd bewegt sich der Cursor zum „Anruf
annehmen-Button“.
Lasst das Abenteuer
beginnen.
Montag, 24. September 2012
Nette Zeit
Geblendet von den
hunderttausend Scheinwerfern, taub von den zwanzigtausend Boxen, vergiftet von
den Schweiß-Deo-Parfüm-Gemischen fangen Sophie und ich an zu tanzen. Es dauert
keine zwei Sekunden bis uns zwei angetrunkene Typen auffordern mit ihnen zu
tanzen. „Äh, ich glaub…“, beginne ich, als ich mich umdrehe liegt Sophie schon
fast in seinen Armen. Okay. Auch gut.
Anscheinend tanzen wir. Der andere Typ zieht mich näher an sich und verschränkt
seine Finger mit meinen. „Wie heißt du?“, brüllt er in mein Ohr. „Ivy, und du?“
„Nils.“ Die ohrenbetäubend schlechte Musik macht eine weitere Unterhaltung fast
unmöglich. Ich war noch nie eine gute Tänzerin; und zu diesen missratenen Tönen
weiß ich einfach nicht meinen Körper zu bewegen. Nils übernimmt fortan diesen
Part. Er dreht mich um und schiebt meine Hüften hin und her. Ich schließe meine
Augen, wünsche meinen Freund herbei oder mich einfach weg. Aber ich werde
Sophie hier bestimmt nicht alleine lassen. Seine Hände gleiten weiter über
meine Hüften und versuchen zeitweise unter mein Top zu gelangen. Ich drehe mich
wieder zu ihm um und verschränke diskret meine Finger mit seinen. Locker lässt
er trotzdem nicht. Er ist schon viel zu betrunken um meine Worte vernünftig
verarbeiten zu können. Hinter seinem Rücken sehe ich Sophie mit ihrem Typen
tanzen. „HILFE“, forme ich mit dem Mund und erkenne, dass sie dasselbe tut.
„Ähm…tut uns wirklich Leid aber unsere Begleitung sucht bestimmt schon nach
uns. Er wollte uns was zu trinken holen. Ich glaube wir suchen ihn erstmal,
oder Sophie?“, rattere ich herunter und versuche eine möglichst deprimierte
Miene hinzubekommen. „Jaa, absolut. Er sucht schon nach uns. Okay, tschüss“,
sie winkt den beiden noch einmal kurz zu bevor sie mich durch die Menge schiebt
„Raus! Lauf!“ Als wir endlich aus der Tanzzone kommen brechen wir vor Lachen
zusammen. Made our day.
Sonntag, 19. August 2012
Die erste Amtshandlung
"One Cherry Kir and one Pina Colada, please.", gebe
ich lächlend meine Bestellung auf. Es ist ein tolles Gefühl hier alleine stehen
zu können und ich die ganze Bar leer trinken könnte wenn ich wollte. "Is the Pina Colada for you?", mischt sich
der ältere Barkeeper ein. Es hat schon einen Grund gehabt warum
ich mir den anderen ausgesucht habe. Der andere hätte es mir ohne Zicken
gegeben und ein nettes Lächeln noch dazu. "Yes it is.", für wen
sonst? "Are you 18?", fragt er und lehnt sich weiter über's Tresen.
Seine Mundwinkel umspielt der Hauch eines schadenfrohen Lachens, das bei mir
fast das Würgen hervorbringt. "Yeah,
actually I turned 18 last thursday." "Do you have an ID or passport
with you?" Langsam schau ich an mir runter,
betrachte das schwarze Kleid, meine hellbraunen Keilabsätze. Ich weiß genau,
dass er meinem Blick folgt und dabei bestimmt feststellen muss, dass ich
nirgendwo diese kleine Karte hätte unterbringen können. Außer vielleicht er
erwartet, dass Frauen ihre Unterlagen irgendwie am BH befestigen. Wenn ich
jetzt meinen Cocktail nicht bekomme, die 15-jährigen aber ihr Vodka-Cola-Gesöff
dann setzt es aber was. Obwohl, wenn ich recht überlege, trinken die nur Wasser
oder Cola. "No, I don't but I'll keep that in mind for the next time.",
erwidere ich lächelnd und blicke zu dem anderen Barkeeper, der mir den Cocktail
mittlerweile schon längst gemixt hat. "Fine", gibt sich nun endlich
auch der andere geschlagen, "this time you get one, but bring your ID next
time." Was für ein abenteuerlicher Akzent, denke ich und grinse in mich
hinein. Mein Cocktail landet vor mir und ich muss nur noch auf den anderen -
den alkohlfreien - warten. Der ältere sagt wieder etwas, aber ich kann ihn
nicht verstehen und muss nachfragen. "So, you turned 18 on the ...?"
"2nd of August.", beende ich seine Frage. "So
you celebrated it here in the hotel? How was it?", es interessiert ihn
nicht die Bohne wie mein Geburtstag war, er wartet nur darauf mich in einer
Lüge zu fangen. "Oh, it
was absolutely wonderful. We had dinner on the terrace, drank champagne and
then they brought us this amazing chocolate cake and sang happy birthday. You
don't happen to have the recipe, do you? No? Well it
was amazing.", ich stoppe erst meinen Redefluss als auch der andere Drink
vor mir steht. Und offenbar gibt er sich mit den vielen Details zufrieden,
wünscht mir alles Gute und eine gute Nacht. Ich bedanke mir, besonders bei dem
anderen niedlichen Kellner, der mir nun zuzwinkert und verschwinde auf mein
Zimmer. Yeah, mein erster Cocktail - meine erste Amtshandlung als 18jährige.
Samstag, 2. Juni 2012
Vorzeitige Apokalypse
„Vorne auf die Mappe schreibt ihr bitte eure Namen
und die Kursbezeichnung rauf. Gibt jemand früher ab, verlässt er bitte sofort das
Schulgelände. Ich wünsche euch viel Erfolg.“, er knallt zwei Mappen, eine dicke
Orange und eine etwas dünnere Grüne, auf das Pult und marschiert dann fröhlich
pfeifend aus dem Raum. „Okay, let me just give your papers…“, erklärt meine
Lehrerin während sie die für sie viel zu großen zwei Stapel auf einem Arm
balanciert und uns aushändigt. Ich muss mich wirklich
zusammen reißen um nicht sofort los zu prusten. Was ist nur mit mir los? Das
ist meine Chance mein Abi rauszureißen. Das Fach beherrsche ich ausnahmsweise
mal. Feinsäuberlich vor mir aufgereiht liegen meine achtzigtausend Marker, die
nur darauf warten über das Papier zu gleiten und es kunterbunt einzufärben. „Soooo…it’s eight o’clock and we’re allowed to start.
Good luck, you guys. “Ihre Mundwinkel zucken kurz nach oben
als sie sich den ersten Vorschlag vornimmt. Bedeutet das, wir kriegen das hin?
Nein. Wer hat sich denn diesen Müll ausgedacht? Schlechte Quellenangabe, wo ist
der Name des Autors von diesem Drecksmüll von Klausur? Was würde ich nur dafür
geben um mich in Hannover zu beschweren. Wetten dort sitzt ein alter dicklicher
Herr, der seine Schadenfreude kaum verstecken kann, während überall in diesem Bundesland
Schüler an seinem Mist verzweifeln?! Ich kann nicht mehr und fange an zu lachen.
Alle drehen sich um und starren mich völlig entgeistert an. Schnell schlage ich
mir die flache Hand über den Mund und lächle entschuldigend. Erst einmal bricht
der Himmel über uns zusammen, der Donner grollt und die Blitze zucken durch den
verdunkelten Himmel, ein ganzer Wasserfall entleert sich vor dem offenen
Fenster. Wie wundervoll. In meinem Inneren sehe ich schon die kleinen Blitze
über den Köpfen meiner Mitschüler. Ein Blick von meiner besten Freundin genügt
mir um zu wissen, dass sie auch absolut nicht zufrieden mit der Situation ist.
Immer wieder haut irgendein Kopf vor Verzweiflung auf den Tisch.
Als ich endlich fertig bin den ganzen Müll den wir
in den zwei Jahren hinunter geschlungen haben auf das Papier zu kotzen, bin ich
völlig fertig, unzufrieden und reif für den Urlaub. Gott sei Dank war das die
letzte Klausur.
Donnerstag, 17. Mai 2012
♥ 4
Es ist kalt, ein wenig zu kalt wenn man bedenkt, dass es Mai ist. Letztes Jahr zu dieser Zeit konnten wir baden gehen, aber jetzt wäre das ungefähr genauso angenehm wie das Planschen nach der Titanic. Du nimmst mich in den Arm und streichst mir den Rücken auf und ab. Ich liebe es mit dir durch die Stadt zu gehen; es kann so kalt sein wie es will aber bei dir ist es immer warm. Vorsichtig schlinge ich meine Arme unter deiner Jacke um deine Taille und drücke mich näher an dich. "Ich liebe dich.", hauche ich gegen deine Brust. Du lachst kurz ganz niedlich bevor du dein Gesicht in meinen Haaren vergräbst und sie völlig zerwuschelst. Danke Schatz, denke ich und blicke gespielt empört zu dir hoch. Bevor ich auch nur den Mund aufmachen kann um mich zu beschweren sind deine Lippen auf meinen. Vergessen ist die zerstörte Frisur, vergessen ist die Kälte. Deine Lippen sind so warm, dass sie mich augenblicklich auftauen. Du schmeckst nach Kaugummi und irgendetwas anderem das ich nicht genau benennen kann. "Ich liebe dich auch.", murmelst du sobald meine Lippen deine auch nur für eine Zehntelsekunde verlassen. Ich löse mich grinsend von dir, behalte aber einen Arm noch unter deiner Jacke um die Wärme, die noch immer durch mich pulsiert nicht zu verlieren. Irgendwas murmelst du, aber ich kann dich nicht ganz verstehen. Gerade als ich dich danach fragen will, blickst du dich kurz um und starrst dann zu dem Starbucks nicht weit von uns entfernt. "Du frierst mir noch ein, Lust auf einen grünen Tee?", fragst du mich schmunzelnd. Ich liebe dich einfach. Du kennst mich einfach zu gut; und einem grünen Tee kann ich wirklich nur selten widerstehen. "Ja, bitte." Ich stelle mich auf meine Zehenspitzen und warte auf meinen Kuss, den du mir nie vorenthältst.
Freitag, 11. Mai 2012
#3
Ich liebe es am Flughafen zu sein; die Träume scheinen zum Greifen nah, die Möglichkeit sich in ein Flugzeug zu setzten und am anderen Ende der Welt wieder zu landen, das Gefühl von Urlaub und Freude. So viel liegt in der Luft, von Abschiedsschmerz bis Willkommensfreude. Es ist wundervoll, manchmal komm ich in den Ferien einfah nur hierher um die Atmosphäre zu genießen. So auch heute überkommen mich die Gefühle als ich durch die Tür trete. Überall rennen gestresste Leute, teils in Anzügen, teils mit quengelnden Kindern an der Hand, herum und ziehen abertausende von Koffern mit diesen kleinen weißen Bändchen hinter sich her, diese gelangweilte Stimme gibt Flugdaten über den Lautsprecher durch und mahnt den ein oder anderen sich endlich zum Gate zu bewegen. Ich starre auf den sich ständig ändernden Bildschirm mit den Ankunftszeiten und suche nach dem Flug. "Der Flug aus New York hat Verspätung.", versuche ich die Stimme nachzuahmen. Meine Mutter stöhnt genervt bevor wir auf die Besucherterasse gehen. Das ist der Platz für Jake, hier gehört er hin; sobald er das erste Flugzeug sieht überschüttet er uns mit technischen Informationen, analysiert die Anzahl der Sterne auf der Schulter eines Piloten. Cute, denke ich, nimm mich mit. Bis das richtige Flugzeug gelandet ist und die ersten Passagiere durch die gläserne Gangway gehen, wissen wir alles was ein 15jähriger über Flugzeuge wissen kann. Ein Mann bleibt hinter dem Glas stehen und winkt uns zu bevor er weiter ins Gebäude geht um sein Gepäck zusammen zu suchen. Er ist da.
Als wir ins Gebäude gehen, werden wir fast von der warmen Luft erschlagen. Wir warten mit den anderen Leuten auf die Menschen, die sie lieben. Früher sind Jake und ich immer durch die Schiebetür geflitzt und haben unseren Dad am Gepäckband begrüßt. Heute ist das nicht mehr möglich, die Scheiben sind zugeklebt und dahinter laufen Zollbeamten und andere die jeden, der die Absperrung durchbricht sofort wieder zurück schicken.
Die Schiebetür öffnet sich und er kommt, einen riesigen Gepäckwagen schiebend raus.
Als wir ins Gebäude gehen, werden wir fast von der warmen Luft erschlagen. Wir warten mit den anderen Leuten auf die Menschen, die sie lieben. Früher sind Jake und ich immer durch die Schiebetür geflitzt und haben unseren Dad am Gepäckband begrüßt. Heute ist das nicht mehr möglich, die Scheiben sind zugeklebt und dahinter laufen Zollbeamten und andere die jeden, der die Absperrung durchbricht sofort wieder zurück schicken.
Die Schiebetür öffnet sich und er kommt, einen riesigen Gepäckwagen schiebend raus.
Welcome Home, Daddy.
Mittwoch, 25. April 2012
Regen
Es regnet. Nicht viel, aber genug um ständig auf den
Boden gucken zu müssen. 150 Leute lösen sich aus ihrer Formation und stürmen
alle Richtung Tür; ins Trockene. Viele lachen, quatschen…sind einfach nur
glücklich. Viele ist vielleicht untertrieben; alle. Wir können nicht glauben,
dass es schon so weit ist. An fast jedem zweiten Handgelenk baumelt eine kleine
DigiCam, um auch ja keinen Moment zu verpassen. Die Taschen auf ihren Rücken
und Schultern sind viel leichter als an jedem anderen Tag. Ich weiß das, da
auch in meiner eine gähnende Leere herrscht. Eine Wasserflasche, eine
durchsichtige Mappe, ein einsamer Stift. Ich halte nach dir Ausschau, aber
finde dich nicht. Du wirst wahrscheinlich schon drinnen sein. Ich weiß ja wie
sehr du Regen liebst. Der Strom der Menschen reißt mich mit, vorbei an den
Musikräumen, vorbei am Vertretungsplan und wieder raus in den Regen. Für den Moment lasse ich
mich von der Stimmung mitreißen. Ich spüre wie mich ein unendliches Glücksgefühl
durchströmt, wenn auch ein wenig gemischt mit Trauer. Das war’s. Es ist vorbei.
Ich lasse mich mittreiben im Strom meiner Mitschüler zur Cafeteria. Die Tische
wurden an die Wände gerückt und die Stühle in langen Reihen vor der Bühne
aufgestellt. Vorne bei den einzigen zwei richtig stehenden Tischen, mit einem
Berg an Papieren, steht unser Rektor. Ich sehe dich nicht. Du bist nicht da,
noch nicht? Kommst du noch? Du musst kommen, sonst wirst du doch nicht
zugelassen. Meine beste Freundin winkt mir zu, sie hat mir einen Platz in der
letzten Reihe frei gehalten. Ich blicke mich noch einmal um, werde immer
unruhiger und setzte mich dann schließlich zu ihr. Das Top steht ihr gut, fällt mir auf. Als ich
wieder nach vorne blicke, sehe ich noch immer unseren Rektor, nun schon etwas
ungeduldiger. Er tritt von einem Fuß auf den anderen. Es dauert lange, bis er
sich endlich dazu aufraffen kann auf das Mikro zu tippen. Das Geräusch ist
unangenehm, viele meiner Mitschüler zucken zusammen und drehen sich dann mit
verdüsterten Gesichtern nach dem Idioten
um, der es wagt ihre Gespräche zu unterbrechen. „Sehr schön, dass ich nun auch
endlich euer aller Aufmerksamkeit habe. Es ist ein wichtiger Tag für euch …“
ich weiß was er sagen wird, jeder hier weiß es. Deswegen sind wir ja
schließlich hier. Ich schaue zum Fenster, dicke Regentropfen prasseln nun
dagegen und springen im selben Moment wieder weg. Wie tausend Schüsse auf
Panzerglas.
Ein letztes Mal gongt der Gong für uns. Und es
regnet.
Montag, 23. April 2012
# 1
Das Wasser tropft aus meinen Haaren auf den Boden.
Wie ich mich kenne, habe ich es in zwei Sekunden wieder vergessen und latsch da
mit meinen Socken rein. Wetten? Ist ja auch egal, die Haare müssen so oder so
wieder trocken werden, denke ich schulterzuckend und öffne meinen
Kleiderschrank. Ohne richtig zu gucken greife ich nach einem T-Shirt und zerre
es mir über den Kopf. Mintgrün. Meine Lieblingsfarbe, aber das ändert sich fast
täglich. Ich lege mich nicht gern auf Dinge fest. Jetzt noch eine Jeans und ich
bin fertig. Ich trete vor meinen Spiegel und schaue auf meinen Zwilling, ein
wenig verschwommen vielleicht. Hallo, denke ich, wer bist du eigentlich? Ivy. 17
Jahre alt, muss sich dringend ihre Kontaktlinsen einsetzen, damit sie sich
wieder sehen kann. Hat vor ein paar Monaten ihren Führerschein gemacht, wartet
auf dass die Schule endlich abbrennt, hat einen pubertären Bruder und einen schnuckeligen,
knuddeligen Hund. Katzen mag sie nicht so sehr. Sie ist etwas schüchtern, sagt
in der Schule nicht viel und hat manchmal diesen leicht verpeilten Blick, wie
ihre Freunde sagen. Was sie später machen will,nweiß sie noch… „Iiiivy! Komm
jetzt endlich! Es ist halb, du musst los!“ Jajaaa, also heute ist anscheinend
nicht der Tag, an dem die Schule unerwartet abgebrannt ist. Schade eigentlich.
Gäbe so viel schönere Dinge zu tun. Wieder schaue ich in den Spiegel; meine
Haare sind immer noch nass. Shit. Ich angle schnell von unter meinem Bett den Föhn
raus und stell ihn an. 2 Minuten müssen genügen. Zwar mit nicht annähernd
trockenen Haaren schnappen ich mir meine Schultasche und stürme die Tür raus…und
trete natürlich in die Wasserpfütze.
Abonnieren
Posts (Atom)