Sonntag, 10. März 2013

Part #6: Saying Goodbye

Auf leisen Zehenspitzen klettere ich aus meinem Bett, knipse die kleine Nachttischlampe an und beginne mir Klamotten über den Kopf zu ziehen. 4 Lagen aus Tops, T-Shirts und Pullis, einer Jeans, zwei Fellsboots und 2 Jacken später drehe ich mich ein letztes Mal um und betrachte mein Reich für 4 Monate. Mit meiner Kulturtasche und meinem Handgepäckskoffer im Arm versuche ich möglichst leise die viel zu laut knarzenden Treppen hinabzusteigen. Zu laut. Auf der vorletzten Stufe halte ich inne und blicke nach oben. Niemand ist aufgewacht, perfekt. Ich will keine große Szene. Mit einem kleinen Hops überspringe ich die letzten beiden Stufen - wie ich es jeden Morgen getan habe als ich das Frühstück zubereitete. Flashbacks blitzen vor meinem inneren Auge auf...die ewige Frage "Which cereal?" das noch öfters "eat up" und die tausend Unterhaltungen über Fußballgrößen wie Messi und Rooney. Energisch schüttel ich meinen Kopf, vertreibe die Erinnerungen und verdränge die Müdigkeit "In nur 4 Stunden werde ich in London sein", denke ich und mach mich daran meinen großen Koffer zu verschließen. Als ich ihn gerade auf die Rollen gewuchtet habe - ich bin mir ja so gar nicht sicher, dass das Ding nicht Übergewicht hat - knarzt die Treppe. "Fuck."

"Hi, good morning. Oh my god I can't believe you're leaving. It will be weird not having you around", begrüßt mich meine Gastmutter und starrt traurig auf meine Koffer.
"I know. I wish I could stay longer...But you should go back to bed...it's 4 in the morning and you have work...and you have school." beende ich meinen Satz und starre hoch zu Aiden, der sein Stofftier umklammert hält. "I'll miss you Ivy", schluchzt er.
"The taxi's there. I called for one yesterday..." mein Gastvater gesellt sich der Runde dazu und trägt das gleiche traurige Gesicht zur Schau wie alle anderen. Fabelhaft. Exakt was ich gebraucht habe, denke ich und merke wie mir die Tränen aufsteigen. Ich hab die beste Gastfamilie die es nur geben kann.


Goodbye. I'll be back.

Freitag, 14. Dezember 2012

Part 5: Pub Crawl

Hastig stopfe ich meinen Führerschein wieder in meine kleine Tasche und schaue mich neugierig um. Aha, so sieht also ein Pub aus. Ein wenig rustikal mit Holzdielen und gemauerter Wand; in der Ecke stehen leere Weinflaschen in denen halb runtergebrannte Kerzen brennen und Wachs verteilen, das Licht ist gedämmt aber nicht nervig dunkel, am Tresen hocken irgendwelche Gestalten. Mir gefällt’s. Das war’s aber auch schon. Oder vielleicht auch nicht; mit der kleinen immer wachsenden Gruppe mit der ich unterwegs bin werde ich weiter in den Pub gedrängt. Ein weiterer Raum tut sich auf und dahinter ist noch einer mit einer weiteren Theke. An den Wänden hängen Flachbildfernseher auf denen ein Rugby-Match übertragen wird, auf den Tischen stehen hauptsächlich nur Bierflaschen oder Bierkrüge. „Wow, I didn’t expect it to be this big.“, ruft ein anderes deutsches Au Pair in die Runde um die Musik zu übertönen. Ist schon irgendwie seltsam sich auf Englisch zu unterhalten obwohl man ganz easy peasy ins Deutsche wechseln könnte. Aber dann könnten die anderen uns nicht verstehen, deswegen ist heute Akzente-Englisch. Italienisch, Spanisch, Französisch, Schwedisch, Finnisch, Holländisch, Deutsch, Amerikanisch und natürlich Irisch; alles ist vertreten und wir quatschen wild durcheinander. Die meisten von uns sind Au Pairs, die Jungs sind meistens Touris oder Studenten mit den wildesten und seltsamsten Fächern. Auf einmal wirft sich unser „Guide“ oder wie man ihn auch nennen möchte in unser Grüppchen und hält uns ein Topf roter Farbe hin. „Facepaint, so we can all recognise each other. Come on! Shots this way!“ Ein wenig skeptisch tunke ich zwei Finger in den Topf und male zwei Striche in mein Gesicht. Kriegsbemalung abgeschlossen. Sehr geil. “Let’s get this party staaaaaarted!”, schreit der Amerikaner in die Runde und rennt Richtung Belohnung – Shot number 1 und auf geht’s in den nächsten Pub. Oh ja…PUB CRAWL.
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Samstag, 24. November 2012

Part 3: Motivational Speaker

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Mit verschlafenen Augen aber dafür schon angezogen betrete ich sein Zimmer: „Good morning…did you sleep well?“ Gezwungener Enthusiasmus und nervige Fröhlichkeit schwingen in meiner Stimme mit. „Noooo. One more minute. Just one, okay?“, murmelt das Murmeltier von irgendwo unter dem Decken- und Kissenhaufen. „‘kay. I’ll be downstairs where there is hot tea and milk and bread and yummy cereal…if I were you I would be quick if you want something.” Ich warte einen kurzen Moment “okay, more for me then…” und mach mich auf den Weg nach unten. Hinter mir raschelt es und im selben Augenblick taucht mein Kleiner in der Tür auf und reibt sich den Schlaf aus den Augen. „You won’t have breakfast anyway…“, sagt er und trampelt die Treppe runter. Probably true. „What cereal would you like, Aiden? The Chocolate Thingie or Wheat Biscuits?“, frage ich ihn während ich mich im Multitasking übe. Eine Tasse Milch aufwärmen, Schüsseln und Löffel hervorzaubern, Wasser aufsetzten, Lunchbox suchen und Orangenkonzentrat mit Wasser versetzten. „Eat, Aiden.“, „Would you pleeeease eat your cereal?“, „Aiden, I’m serious. Look at the clock; it’s late and you haven’t finished your breakfast, yet.”, wiederhole ich zum 10ten Mal und nippe an meinem Tee. “Can you make pancakes for after school?”  Tatsächlich ist der Mund mal voll und ein kleines Rinnsal Schokomilch läuft ihm die Mundwinkel runter. Gott sei Dank trägt er noch nicht seine Schuluniform. „Sure. Apples or no apples?“ „I don’t like apples.“ Natürlich, dumme Frage. Warum würde ein 6jähriger Äpfel mögen?!

Dienstag, 13. November 2012

Part 2: First Week

Die Sonne hat sich doch tatsächlich rausgewagt und strahlt nun mit solcher Intensität, dass man denken würde sie würde nie wieder scheinen. Und zusätzlich ist es sogar recht mild. Mild im irischen Sinne, natürlich. Mild laut der deutschen Definition zu verwenden ist ein wenig zu euphemistisch. Mein Frühstück – eine große Tasse grüner Tee – steht unangerührt auf dem Nachttisch, wahrscheinlich direkt neben meinem zweiten Handy, dass ich vergessen habe mitzunehmen. See, ist ganz witzig denn seit ner Woche trage ich zwei Handys mit mir rum; ein Irisches und mein Deutsches und vergesslich wie ich bin trage ich meistens zur Verzweiflung meiner Hostmum  nur das Deutsche spazieren. Ein kurzer Blick auf meine Uhr verrät mir, dass ich spät dran bin. Und ich will keine Viertelstunde auf den anderen Bus warten; mir ist kalt und ich hab keine Jacke dabei. Also fange ich an zu rennen. Lauf, lauf, lauf. Das Ding ist allerdings dass ich a) Boots trage, b) völlig aus der Form bin und am wichtigsten c) es BERGAUF geht. Nach zwei Straßen werde ich langsamer und bleibe schließlich mit den Händen auf meine Knie gestützt stehen und schnappe wie ein Ertrinkender nach Luft. Brilliant. Wieder blicke ich auf meine Uhr nur um danach weiter zu rennen/keuchen/verrecken. Vielleicht sollte ich mal joggen gehen. Scratch that. It’s way too cold and there are way too many hills in the city. In Norddeutschland stolpert man eben nicht so schnell und einfach über Berge. Pardon, ich meinte Hügel. Berge wären ja übertrieben sagen die Einheimischen – für mich bleiben sie Berge. Als endlich die Bushaltestelle am Horizont auftaucht fange ich wieder an normal zu gehen – inklusive außer Atem nach Luft schnappen. Und genau in diesem Moment fällt mir ein was mein Hostdad gesagt hat: „Don’t expect german punctuality. It might be 5 minutes later than the schedule.“ Also wozu die Eile? Wieder normal atmend schlendere ich lässig zu einem Baum daneben, lehne mich dagegen und rücke nocheinmal meine obercoole Mütze zurecht, unter der keine Haarsträhne hervorgucken darf. Ich sehe damit wirklich ultracool aus. Ultra-debil um genau zu sein; aber sie erfüllt ihren Zweck: meine nach Rauch stinkenden Haare verstecken, damit ich nicht den Gestank riechen muss. Es gibt fast nichts, was ich mehr hasse - und damit meine ich hasse - als rauchen. Ich hätte sie ja waschen können, aber dann hätte ich das ganze Haus aufgeweckt…also bin ich heute Madam Supercool. Der Bus fährt vor und ich klettere hinein; erklimme die Stufen nach oben und mache es mir auf der Reihe ganz vorne an der riesigen Fensterscheibe bequem. Vorteil daran ist, dass ich nun meine Ray-Ban tragen kann und nicht mehr allzu dorky aussehe und dass ich das erste Mal in meinem Leben Doppeldecker fahre. Und das sogar oben, ganz vorne, der Sonne entgegen.

Have a lovely week 
mein dämliches Bild ;)

Montag, 5. November 2012

Part 1: The Arrival

# I Just Can't Stop Grinning Like A Fool

"Please fasten your seatbelts as we are about to land" Schon im gleichen Moment werde ich in den Sitz gepresst als das Flugzeug seine Nase langsam senkt. Das Wetter ist wunderschön. Die Sonne scheint und wir fliegen gerade noch über den majestätischen Wolkenschlössern. Am liebsten würde ich von Wolke zu Wolke springen; sie würden meine Schritte federn als würde ich nichts wiegen und sie würden mich weich und sanft umhüllen, wenn ich falle. Die Sonne lässt die Wolken glitzern als wir durch sie hindurchtauchen. Die Tragfläche zerschneidet einen Turm aus Wolken als wären sie Butter. Unter den Wolken ist es nicht weniger schön. Eine riesige Stadt erhebt sich gen Himmel und unserer Maschine. London ist riesig. Gigantisch. Ich kann die Themse, das Riesenrad und noch andere schöne Bauwerke im Hintergrund sehen. Als wir weiter sinken entdecke ich sogar einen roten Doppeldecker. Schon seit den Wolken schaffe ich es einfach nicht meine einbetonierten Mundwinkel zu senken. Ich sehe definitiv wie ein Idiot aus.
Es wackelt ganz kurz, aber dann setzten wir auf und rasen die Landebahn entlang. Keiner klatscht. Ich mache eine mentale Notiz dies meinem Dad zu erzählen - unser Insider-Joke. Der Flughafen ist gigantisch riesig. Wo ist das Ende? Wir rollen an mindestens 50 Flugzeugen aus aller Welt vorbei bis wir unsere Parkposition erreichen.

Heathrow ist fabelhaft.

# "Excuse me, Sir. I'm completely lost"

Heathrow ist eine komplette Katastrophe. Wo zur Hölle muss ich hin? Theoretisch müsste ich auschecken, mir den Boarding Pass besorgen und dann wieder einchecken? Mein Rucksack hängt schwer über einer Schulter. "Vertrau niemanden! Lass dich nicht ablenken. Heute sind nicht alle Menschen "gut"" hallen ihre Mahnungen in meinem Kopf wieder. Ehrlich gesagt hab ich mit einem Häftlingsflughafen nach ihren Beschreibungen gerechnet.
Schon zum zweiten Mal steh ich auf diesen Laufbändern. Coole Teile. "Excuse me, but where do I need to go?" Die Frau hört sich geduldig meine Story an bevor sie mich weiter schickt. Ich muss mich auf zwei gelbe Füße stellen und mein Gesicht wird gescannt. Auch eine ganz coole Sache, weil man sich wie ein Straftäter vorkommt. Ich gehe vorbei an einem Schalter der einen über das Flüssigkeitsverbot aufklären soll; ich bin ein wenig verwundert warum man keine Duty Free Getränke aus Hannover nach London einführen darf. Um die Ecke ist eine Sicherheitskontrolle. Wtf? Wozu? Wo sollte ich zwischen Gangway und Laufband etwas Gefährliches gefunden haben, dass London's Sicherheit bedrohen würde?? Hier bin ich falsch; also zurück zum Flüssigkeitenmann. "Excuse me, Sir. I'm completely lost" Ich muss durch die Sicherheitskontrolle. "Laptops, iPads, Kindles go in seperately." wiederholt die monoton unfreundliche Stimme der einen Kontrolleurin alle 3 Sekunden. Ich pflücke meine Dinger aus dem Rucksack und lege sie zu meiner Jacke und meinem Gürtel. Ein Turbanmann winkt mich durch das Piep-Ding, welches - natürlich - piept. Sofort bin ich von drei Typen umkreist. "Do you have anything in your pockets?" Fuck! Mein Handy. Ich ziehe es raus und schaue sie entschuldigend an. "I am so so sorry...." "Well, sorry is not enough, Mam" Mam?? Oh Crap. Turban-Typ bricht in Gelächter aus: "He's joking! Poor joke, man.", sagt er und schlägt seinem Kollegen auf die Schulter. What the...? "Yeah, funny boys.", kommt die monoton Unfreundliche dazu "Get in the box and take your shoes off." Ganz obercooles Ding -,-
Ich sammle meine Sachen wieder zusammen, schnappe mir meine Jacke und den Rucksack. Wo zur Hölle sind meine Schuhe?? "Mam? Your shoes are on the other side." Toll. Bloß weg hier. Gerade als ich mich zum Gehen wende ertönt wieder dieses "Mam??!" Ich drehe mich um und sehe Monoton-Unfreundlich mein Handy hochhalten. "Your phone, Mam."

Ich hasse Heathrow.